Bob Blume (Link) eröffnete eine Blogparade zur Frage der „Lernlust“: Was an Projekten, Stunden und gemeinsamen Lernen in Erinnerung geblieben ist.
Nachdem ich 12 Schuljahre, 3 Jahre Grundschullehramt und nun fast 5 Jahre Lehramt für Gymnasium erfolgreich bestanden habe, passt die Frage eigentlich recht gut zur momentanen Lebenssituation: darüber nachzudenken, was man nach dem 1. Staatsexamen tatsächlich erreichen möchte.
Ich weiß, dass ich mich auf meinen ersten Schultag gefreut habe – ich weiß heute noch, neben wen ich gesessen habe. Die Klassenlehrerin hatte jeden Namen auf kleine, weiße Pappstücke mit grünen, kleinen Kreisen (es sollte wohl ein Auto darstellen) geschrieben und ich weiß, dass ich meinen Namen relativ schnell gefunden habe. Obwohl ich mich nicht erinnern kann, dass ich je vor der Schulzeit gelesen oder geschrieben habe.
Mir ist es ähnlich wie Herrn Mess ergangen: auch ich habe das in-die-Schule-gehen immer als meinen Job angesehen. Und weil unser Vater immer früh raus ist und uns ein hartes Arbeitsleben vorgelebt hat, wollte ich das nachmachen. Es hat sehr oft Spaß gemacht, weil es ein erfüllendes Arbeitsleben war.
Lehrer
Ich hatte gute Lehrer, richtig gute! Da ist zum Einen die Lehrerin der 1. und 2. Klasse. Sie verstand es auf hervorragende Art und Weise, uns mit „Fara und Fu“ (ja, die hatten wir in Paraguay Anfang der 90er Jahre noch 🙂 ) das Alphabet und somit das Lesen und das Schreiben beizubringen. Sie ist mit der Hauptgrund dafür, dass ich heute selbst Lehrer bin (ein herzliches Dankeschön an dieser Stelle, sie wird es höchstwahrscheinlich nie lesen – aber trotzdem 🙂 ).
Beeindruckt haben mich an meiner Schule die Lehrer, die ihr Studium im Ausland (vornehmlich Deutschland) gemacht hatten.
Da war der Philosophie- und Deutschlehrer. Eigentlich hatte er Lehramt auf Deutsch und Religion studiert, aber da wohl kein ausgebildeter Lehrer für Philosophie gefunden werden konnte, unterrichtete er auch Philo. Es war herrlich.
Eine Anekdote dazu: Unsere Schule lag mitten im Busch und in Paraguay ist es in der Regel sehr heiß. Die Klassenzimmer besitzen zwar große Fenster und Ventilatoren (heute haben sie alle „Air Condition“), aber es war trotzdem oft sehr heiß in den Zimmern. Wir haben also sämtliche Lehrer immer wieder mit der Frage gelöchert, ob wir nicht mal raus in den Schatten unter die Bäume gehen und auf den Bänken Unterricht haben könnten. Für Gruppenarbeiten und Stillarbeiten wurde dieses auch sehr oft gemacht – der Philolehrer hat von dieser Möglichkeit aber konsequent und aus Prinzip nie Gebrauch gemacht. Nun war es aber doch an einem Tag so, dass er über seinen Schatten sprang und wir nach draußen gingen. Ich kann mich noch heute an sein Gesicht erinnern, als es urplötzlich anfing zu regnen und wir alle unser Philosophiebuch als „Schirm“ benutzt haben und zurück in die Klasse gerannt sind. Er hat nie wieder Unterricht außerhalb des Klassenzimmers gehalten. 🙂
Dann war da der Biolehrer. Auch er hatte sein Studium in Deutschland gemacht – und er war jung, als ich ihn als Lehrer hatte. Er hat mich unglaublich motiviert. Sowohl in der Schulzeit, wo er mein Lehrer war, als auch später in der Grundschullehrerausbildung, wo er mein Dozent für Allgemeine und Biologiedidaktik war. Er war später in meiner Praktikumsphase mein Direktor und wir haben uns auch persönlich sehr gut verstanden. Mit ihm konnten wir im Unterricht endlich mal richtig diskutieren und alles hinterfragen. Es ist typisch für die Gemeinschaft, aus der ich komme, dass viele Dinge nicht in Frage gestellt, sondern als gegeben hingenommen werden. Im Zusammenleben kleiner, geschlossener Gesellschaften kann das bestimmt von Vorteil sein. Wenn man sich aber öffnet und die Welt (über Internet) Einzug in die Gemeinschaft hält, ist es zwingend notwendig, sich mit ihr auseinanderzusetzen und seine eigene Position begründen zu können. Das haben wir bei ihm gelernt! Auch an ihn ein herzliches Dankeschön von dieser Stelle aus (hier besteht eher die Wahrscheinlichkeit, dass er es mal lesen wird).
Methoden
Wir hatten keinen abwechslungsreichen Unterricht. Gerade meine Grundschulzeit war geprägt von den Methoden der „alten“ Schule – und wir haben uns nicht wirklich daran gestört.
Wo ich dann mit der Ausbildung zum Grundschullehrer angefangen habe, lernte man viele „neue“ Methoden kennen – zumindest theoretisch. Wir haben viele Bücher von Hilbert Meyer, von Klippert, von Klafki, von Dietrich usw. gelesen und uns viele Methodensammlungen angeguckt und gestaunt, was es alles an Methoden und Möglichkeiten gibt. Natürlich wollten wir am Liebsten im nächsten Praktikum sämtliche Methoden mindestens einmal anwenden und ausprobieren. Diese Möglichkeit empfand ich als äußerst bereichernd: Diese Möglichkeit, während der Ausbildung „auszuprobieren“, was man kann und was man noch nicht kann. Und letzteres im Auswertungsgespräch recht deutlich gesagt zu bekommen. 😉
Ich durfte hier sehr deutlich lernen, dass Methode noch keinen Unterricht macht – dass sie aber sehr viel dazu beitragen kann, damit gut geplanter Unterricht erfolgreich wird.
Fazit
Der Beitrag ist viel länger geworden, als ich gedacht habe – und man könnte noch so viel mehr sagen.
Schule ist so ein großes, spannendes Thema. Die Lernlust, die ich in der ersten Klasse gespürt habe, ist auch im Jahr 2015, mehr als 20 Jahre danach, nur noch größer geworden. Meine Frau kann ein Lied davon singen 🙂 wenn ich nach einem langen Arbeitstag am Schreibtisch abends noch einmal 2 Stunden Dokus über Schule oder Lernen auf youtube angucken kann… 😀
Ich weiß, dass es idealistisch ist, anzunehmen, dass alle Schüler die gleiche Lust am Lernen entwickeln werden – deshalb ist das auch überhaupt nicht mein Ziel.
Mein Ziel ist es, mit meiner Arbeitshaltung (und dazu gehört einfach, den Unterricht geplant zu haben und vorbereitet zu sein) meine Schüler zum Mitarbeiten und Mitdenken zu motivieren. Mehr nicht. Aber das ist ja auch schon viel. Und ich will mir meine Lernlust erhalten.